Linsen mit Spätzle in Kenia

„Mit vierzig mache ich was Soziales.“ Das war mein Traum, den ich nie ganz vergessen konnte. Und es kam tatsächlich so. Aus einem Traum wurde Wirklichkeit und so lebe und arbeite ich seit inzwischen über zehn Jahren in Msambweni, ein kleiner Ort an der Südküste Kenias. Mein Name ist Gudrun Dürr (geb.Riepl) und ich bin 1959 in Steinheim a.A. in der Ammerhalde 8, geboren. Meine Mutter und meine Schwester mit ihrer Familie leben noch heute in meinem Geburtshaus. Im Jahr 1980 habe ich geheiratet und bin nach Illertissen zu meinem Mann gezogen. Zwei Jahre später haben wir ein Haus in Roggenburg/Ingstetten gekauft und meine Kinder leben noch heute dort. Mein letzter Besuch in Deutschland war 2007. Eigentlich wollte ich einfach nur mal richtig Urlaub machen. Venezuela schwebte mir vor. So habe ich also damals, 1996, meinen Mann überredet, das Wohnmobil wenigstens in diesem Jahr in der Garage zu lassen. Mein Mann Edi sollte zur Reisemesse fahren und für uns und unsere Kinder, Marcel und Denise, eine wunderbare Reise nach Isla Magarita buchen. Das tat er dann auch. Allerdings fand Edi Kenia schöner und vor allem auch günstiger. Und so kam er, statt mit meiner Trauminsel im Gepäck, mit einem zweiwöchigem Aufenthalt in Kenia nach Hause. Ich dachte, mich trifft der Schlag. Nach Kenia wollte ich ganz bestimmt nicht, schon wegen der vielen giftigen Tiere und den schrecklichen Krankheiten, die man sich dort holen kann. Doch Edi hat sich durchgesetzt und so flogen wir nach Mombasa. Direkt am Flughafen hat mich dieses Land schon gepackt. Es fühlte sich an wie „nach Hause kommen“. Kenia ist ein unglaublich schönes Fleckchen Erde. Von schneebedeckten Gipfeln am Mount Kenya bis hin zu dürren Steppen mit Heerscharen von wilden Tieren, Strände mit Palmen und feinem, weißen Sand. Die abwechslungsreiche Natur ließ mich nur noch staunen. Kenia hatte mein Herz erobert. Jedoch war uns der Urlaub hinter den Hotelmauern und mit geführten Touren durch das Land nicht genug. Wir wollten mehr sehen und trafen dadurch bald auf das wirkliche Leben in diesem wunderschönen Land. Die faszinierende Natur steht in krassem Gegensatz zur vorherrschenden Armut. Das Leid und das Schicksal, vor allem das der Kinder, die in den armen Gegenden völlig perspektivlos in die Zukunft blicken, ließen mich und meine Familie nicht mehr los. So entstand am 17. Oktober 1997 der Verein Projekt Schwarz-Weiß e.V., der es sich zur Aufgabe gemacht hat, bedürftigen Kindern zu helfen. Am Anfang wollten wir ein Kinderhilfsprojekt von Deutschland ausführen. Jedoch zeigte sich schnell, dass dieser Plan so nicht funktionieren würde. Es bedarf einer Person, die sich vor Ort um alles kümmert. 1999 war es dann soweit, ich zog mit meinen beiden Jüngsten, Denise, damals elf Jahre alt und Pascal, der erst zwei Jahre alt war, nach Msambweni, eine der ärmsten Gegenden Kenias, um mich um den Bau eines Waisenhauses zu kümmern. Mein Mann Edi und Marcel, der zu dieser Zeit eine Ausbildung begonnen hatte, blieben in Ingstetten um sich um die finanzielle Versorgung zu kümmern. Damals standen uns vom Verein noch keine finanziellen Mittel zur Verfügung, so dass wir die erforderlichen Gebäude privat finanzierten. Diese Geschichte liegt inzwischen über zehn Jahre zurück. Bei mir leben derzeit fast 50 Kinder, im Alter von zwei Monaten bis zu 22 Jahren. Das Waisenhaus hat sich im Laufe der Zeit zu einem Kinderdorf entwickelt. Es kamen immer mehr Projekte hinzu. So freuen wir uns, dass wir einen Kindergarten und eine Schule für unsere, sowie für die Kinder aus der Umgebung anbieten können. Wir pflanzen und ernten unser Obst und Gemüse auf der eigenen Farm, stellen unsere Schulbänke, Fenster, Türen, etc. in unserer Schreinerei her und stecken momentan mittendrin im Bau einer Klinik. Die älteren Kinder haben in diesen Einrichtungen, sowie in der Küche und im Haushalt, die Möglichkeit zu einer Ausbildung und wir beschäftigen im Nice-View Childrens Village momentan mehr als 30 Mitarbeiter aus dem Dorf.

Msambweni ist mein Zuhause geworden, doch die schwäbischen Wurzeln gehen auch fern der Heimat niemals verloren. So habe ich z.B. meinen Azubis in der Küche auch schwäbische Gerichte beigebracht. Linsen mit Spätzle stehen daher bei uns genauso auf dem Speiseplan wie kenianische Gerichte. Die Kinder, die ich schon im Säuglingsalter versorgt habe verstehen sogar ein paar Brocken schwäbisch. Besucher aus Deutschland staunen nicht schlecht, wenn sie von einem vierjährigen, schwarzen Jungen mit den Worten: „Und wer bisch Du?“ begrüßt werden.

Ich freue mich, dass ich auf diesem Weg alle aus der Umgebung Heidenheims herzlich grüßen  darf. Ich wünsche Ihnen und Ihren Angehörigen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein glückliches und gesundes Jahr 2010!

Quelle
HEIDENHEIMER ZEITUNG/Brücken in alle Welt